Griechischschülerinnen und Griechischschüler der Jahrgangsstufe 8 glänzten beim traditionellen Lesewettbewerb
Gewöhnlich gilt das gesprochene Wort als Kennzeichen moderner Fremdsprachen. Doch auch das Altgriechische lebt durch den Klang der Worte, vorgetragener wie vorgelesener gleichermaßen. Schließlich waren die „alten“ Griechen die Erfinder der Rhetorik.
Wie schön die altgriechische Sprache anzuhören ist, stellten am 2. März 2023 die Schülerinnen und Schüler des Kurses der Jahrgangsstufe 8 unter Beweis. Nach zweijähriger pandemiebedingter Pause traten die Lernenden des Anfangsunterrichts damit erstmals wieder zum traditionellen Leseagon an.
In der ersten Runde maßen sich die 15 Mädchen und Jungen im Vorlesen eines vorher bekannt gegebenen griechischen Textes. Die Erzählung über die Taten – und Untaten – der griechischen Götter und Göttinnen musste nicht nur richtig, sondern auch flüssig und sinngemäß vorgelesen werden. Wer das für eine leicht zu meisternde Aufgabe hält, werfe einmal einen kurzen Blick in einen griechischen Text: Nicht nur die exotisch aussehenden Buchstaben, sondern auch die Akzente, die den Wörtern ihre Betonung verleihen, stellen eine große Herausforderung für Lesende dar.
Das hätte grundsätzlich auch auf die Schülerinnen und Schüler, die das griechische Alphabet erst vor einem halben Jahr kennengelernt hatten, zutreffen können. Doch die von ihnen erzielten Ergebnisse bewiesen das Gegenteil: Von echtem Wettbewerbsgeist beflügelt und auf ihr Können vertrauend wuchsen die Teilnehmenden über sich hinaus. So hauchten die jungen Stimmen den alten Geschichten über Zeus, Athene und die anderen Bewohner des Olymps mit großer Souveränität neues Leben ein.
Die fünf besten Leserinnen und Leser der ersten Runde rückten ins Finale vor. Nun galt es, einen unbekannten Text vorzulesen: die Geschichte vom goldenen Apfel, um den sich gleich drei Göttinnen streiten, weil jede von ihnen überzeugt ist, der Apfelaufschrift „für die Schönste“ gerecht zu werden. Als Schiedsrichter im Streit der Göttinnen wird der trojanische Prinz Paris bestimmt. Und dieser erkennt der Liebesgöttin Aphrodite den Titel zu, denn sie hat ihm als Gegenleistung Helena, die schönste Frau, versprochen. Dass diese Entscheidung bei den beiden leer ausgehenden Titelaspirantinnen auf wenig Gegenliebe stößt, versteht sich von selbst. Wie dem auch sei: Die fünf Finalistinnen und Finalisten meisterten die Herausforderung, den unbekannten Text richtig, flüssig und sinngemäß vorzulesen, mit Bravour.
Nachdem Herr Sienknecht und Frau Dr. Mariß, nun ihrerseits als Schiedsrichter agierend, mühelos den Sieger und den Zweitplatzierten ermittelt hatten, fiel die Entscheidung, wem der dritte Platz gebühre, schwer. Und weil man aus den griechischen Mythen bekanntlich viel lernen kann, beschlossen sie, den dritten Platz dreimal zu vergeben: „für die drei Drittbesten“. Das wirft im Rückblick die Frage auf, ob Paris den Apfel nicht einfach hätte dritteln können. Das hätte ihm viel Ärger erspart, denn die schöne Helena war verheiratet und der betrogene Ehemann, auf dessen Seite sich jetzt auch noch die beiden übergangenen Göttinnen schlugen, forderte die Treulose mit Waffengewalt zurück.
Für ihre Leistungen wurden die fünf Preisträger anschließend nicht nur mit einer Urkunde, sondern auch mit einem stattlichen Geldbetrag geehrt. Dieses Preisgeld wurde aus einem großzügigen Spendentopf bestritten, den vor Jahren Herr Dr. Karl Schwarze, ehemaliger Lehrer am Ratsgymnasium, exklusiv den Alten Sprachen hatte zukommen lassen.
Die Fachschaft ist dankbar, dem Lesewettbewerb dadurch besondere Attraktivität verleihen zu können, und hofft auf viele weitere Durchgänge, bei denen sich Lernende und Lehrende am Wohlklang der ältesten Kultursprache Europas erfreuen können.
Die diesjährigen Preisträger und Preisträgerinnen sind:
1. Platz: Lasse Huwald (8a)
2. Platz: Anton Heinrich (8c)
3. Platz: Mia-Marie Ehnert (8b), Ville Ritzkat (8c), Cornelis Fontheim (8c)
Dr. Ruth Mariß
Vorsitzende der Fachschaft Alte Sprachen