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„Ick kieke, staune, wundre mir“

Schülerinnen und Schüler der Griechischkurse 9 und 10 besuchten das Alte Museum in Berlin

Auch wenn sie nicht Berlinerisch sprechen, könnte der Satz „Ick kieke, staune, wundre mir“ mit vollem Recht den Griechischschülerinnen und -schülern der Jahrgangsstufen 9 und 10 in den Mund gelegt werden. Denn Sehenswürdiges, Staunenswertes und Überraschendes gab es bei der Exkursion, die die Lernenden am 12. Juni nach Berlin führte, in Hülle und Fülle.

Fangen wir mit dem „Kieken“ an. Das Alte Museum, dem der Goslarer Besuch in erster Linie galt, beherbergt innerhalb Deutschlands die größte Sammlung archäologischer Zeugnisse aus der griechischen Antike. Weil selbst für deren flüchtige Wahrnehmung die zur Verfügung stehende Zeit auf keinen Fall ausgereicht hätte, wurde der Blick der Schülerinnen und Schüler durch ein Quiz, das gleichzeitig dem Wettbewerbsgedanken der „alten“ Griechen Rechnung trug, gezielt auf insgesamt zehn Exponate gelenkt. Diese zählten selbstverständlich zu den bedeutendsten des Alten Museums. So betrachteten die Lernenden, mit Fragebögen ausgestattet, die Bildnisbüste des athenischen Staatsmannes Perikles, das archaische Lächeln der sogenannten Berliner Göttin oder das berühmte Vasenbild, das den griechischen Helden Achilles zeigt, während er die Wunde seines Freundes Patroklos verbindet.

Fahren wir mit dem Staunen fort. Das Betrachten der Exponate löste bei den Schülerinnen und Schülern nicht nur Verwunderung, sondern auch Bewunderung aus, zum Beispiel für die Lebenstreue, die die Statue der verwundeten Amazone auszeichnet, für die Wuchtigkeit, mit der sich die Göttin von Tarent auf ihrem Thron präsentiert, oder für die Reichhaltigkeit der Ornamente, die die Vasen des geometrischen Stils zieren. Dass die Schülerinnen und Schüler staunten und bestaunten, erfreute die Lehrkräfte Herrn Sienknecht und Frau Dr. Mariß außerordentlich, denn sie hatten den Lernenden getreu dem Motto Goethes „Man erblickt nur, was man schon weiß und versteht“ im Rahmen des Unterrichts archäologische Grundkenntnisse in griechischer Vasenmalerei und Skulpturenkunst vermittelt, die diese nun durch ihre Begegnung mit den Originalen übertroffen sahen. Übrigens erblickte der griechische Philosoph Platon, der mit einer Bildnisbüste in der Sammlung vertreten ist, im Staunen den Anfang aller Erkenntnis. Selbstverständlich wollen wir ihm nicht widersprechen.

Schließen wir die Betrachtung mit dem Sich-Wundern ab. Die Lernenden, die Berlin zum ersten Mal besuchten, erlebten Umstände, die sie überraschten. So mussten sie auf dem Fußweg vom Bahnhof Friedrichstraße zur Museumsinsel feststellen, dass die Berliner Kanalisation nicht unbedingt Wohlgeruch verströmt, wenn man im Sommer auf sie trifft: „Das ist die Berliner Luft, Luft, Luft …“. Als Belästigung empfanden viele den Lärm, der von etlichen Baustellen der stets im Werden begriffenen Stadt herrührte; auch das auf der Museumsinsel gelegene Pergamonmuseum wird bis zu seiner kompletten Wiedereröffnung im Jahr 2037 ja Baustelle bleiben. Die zahlreichen am Rande der Gesellschaft lebenden Menschen, die im Stadtbild der Metropole, sei es am Berliner Dom, sei es auf dem Ku´damm, den die Goslarer Gruppe im Anschluss an das Alte Museum besuchte, einen bemitleidenswerten Anblick boten, führten den Besuchern die sozialen Schattenseiten der Viermillionenstadt, die im Armutsranking deutlich über dem Durchschnitt Gesamtdeutschlands liegt, plastisch vor Augen.

Summa summarum lässt sich sagen, dass sich die meisten Teilnehmenden wohl nicht zu der Erklärung „Berlin, ick liebe dir“ hinreißen lassen dürften, sicher aber die Erkenntnis gewonnen haben, dass die Antikensammlung des Alten Museums für Lernende des Griechischen unbedingt sehenswert ist. Und: „Dit is doch der Clou von´t Janze, oda nich?“

Dr. Ruth Mariß, Fachobfrau Alte Sprachen